Der schwierige Anfang

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In den Jahren 1924 – 1930 wurden in den Uffenheimer Gemeinden viele Musikvereine und Posaunenchöre gegründet. Finanziell gesehen war es eine schwierige Zeit, alle hatten durch die Inflation 1923 ihr Geld verloren und somit keinerlei Reserven. Aber gerade in dieser schweren Zeit nach dem ersten Weltkrieg wollten die Menschen durch Vereine wieder zusammenwirken und sich eine Gemeinschaft zum Leben aufbauen.

 

In Reusch war bereits 1926 der Volksschullehrer Hanns Veeh sehr bemüht, junge Leute zum Musizieren zu gewinnen. Außerdem spielten bereits 1926 einige junge Männer beim Posaunenchor in Weigenheim mit. Doch als die Schwierigkeiten des Anfangs überwunden waren, waren auch diese „ersten Anfänger“ bereit, im Dorf einen eigenen Bläserchor zu gründen.

Ein großes Problem stellte die Beschaffung von eigenen Instrumenten dar.

Lehrer Hanns Veeh schrieb einen Brief an die Brauerei Kesselring in Marktsteft, die an die Gastwirtschaft das Bier lieferte. Die Antwort lautete:

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Diese Zusage ermutigte die Anfänger und am 07.Juli 1927 versammelten sich beim Gastwirt Rückert in Reusch die Herren: Heinrich Stintzing, Friedrich Schön, Hans Trummer, Hans Rückert und die Sonntagsschüler Gottfried Rückert und Georg Busch, um der Gründung eines Bläserchores bzw. Posaunenchores näher zu treten.

Die Geburtsstunde zur Gründung eines Vereins war somit ausgerufen. Am 30. Juli 1927 ließen sich als erste aktive Mitglieder folgende Personen eintragen: Heinrich Stintzing, Georg Schemm, Hans Kister, Hans Ehrmann, Friedrich Schön, Hans Trummer, Eugen Brügel, Fritz Hirt, Hans Rückert I, Andreas Bauer, Hans Roth, Fritz Gunz, Willi Loscher, Hans Rückert II, Gottfried Rückert und Konrad Langheinrich. So wurden am 01. August 1927 zu den bereits vorhandenen drei Instrumenten weitere 12 Instrumente bestellt, die bereits am 16. August 1927 eintrafen. Jetzt mußten aber 1.000,- Reichsmark zur Finanzierung aufgebracht werden. Die Kosten der jeweils zugeteilten Instrumente wurden auf die Mitglieder gleichmäßig aufgeteilt. Zur vorläufigen Abdeckung wurde unter Bürgschaft ein Darlehen aufgenommen. Zusätzlich fand noch eine Haussammlung im Dorf statt.

Am 17. August 1927 schreibt der Chronist: „Fast schien es, daß im letzten Augenblick der ganze Plan vereitelt werden sollte durch „Krummacherei“ unzufriedener Elemente im Dorf. Der Tatkraft des ersten Vorsitzenden (Heinrich Stintzing) und des Herrn Kassiers (Hans Kister) ist es zu danken, daß die Gründung des Bläserchores aufrecht erhalten werden konnte.“

Nun endlich begannen die Musikproben. Es war Lehrer Veeh, der die Aufgabe des Dirigenten und Ausbilders übernahm. Bei wöchentlich zwei Proben schaffte er es, daß der Verein schon bei einer Silberhochzeit im Oktober 1927 zusammen mit dem Männergesangverein den Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ vortragen konnte.

Die Geschicke des Vereins nahmen die Vorstände Heinrich Stintzing, Georg Schemm sowie der Kassier Hans Kister und der Schriftführer Hans Ehrmann in die Hände. Der Anfang war somit gelungen und die ersten Schwierigkeiten überwunden. So kamen neue Interessenten hinzu und 1928 waren schon 25 Mitglieder eingeschrieben.

Von der anfänglichen Posaunenchorschreibweise ging man im Jahre 1928 wieder ab, da hierfür nur sehr wenig Notenmaterial zur Auswahl stand. Es wurde zu der für die Blasmusik gängigen Militärschreibweise übergegangen. In den ersten Jahren galt es nun zusammenzuhalten, um die Schulden für die angeschafften Instrumente zu bezahlen. Kaum war dieses Problem gelöst, da tauchten im Jahre 1934 neue Sorgen auf. Es mußten alle örtlichen Vereine der Reichsmusikkammer angegliedert werden.

Wie man aus den Unterlagen ersehen kann, ist es Pfarrer Steinhagen gewesen, der hier schnellen und guten Rat wußte. Er meldete den Bläserchor als evangelischen Posaunenchor von Reusch beim Evangelischen Posaunenchorverband in Nürnberg an und erhielt die Mitgliedsnummer 274. Der Chor konnte damals bereits 22 kirchliche Melodien spielen.

Zur Obstbaumblüte 1928 stellte man sich erstmals dem Fotografen:

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Welchen inneren und äußeren Schwierigkeiten diese Männer damals ausgesetzt waren, weil sie in der Kirche spielten, geht aus einem Antwortschreiben des Landesobmanns für evangelische Posaunenchöre an Pfarrer Steinhagen vom 11. März 1935 hervor: „Es ist selbstverständlich, daß ein Ortsgruppenleiter nicht das Recht hat, SA-Leuten, die einem, dem Evangelischen Posaunenverband in Nürnberg und damit der Reichsmusikkammer angeschlossenen Posaunenchor angehören, das Blasen in diesem Chor zu verbieten.“

In den folgenden Jahren bis zum Beginn des Krieges wirkte der Bläserchor vielfach bei Feierlichkeiten in der näheren und weiteren Umgebung mit. Erwähnenswert sind hier Auftritte in Wildenholz bei Rothenburg, Haundorf, Illesheim, Marktbreit, Nenzenheim und Uffenheim. Im Jahre 1929 fand in Reusch eine Fahnenweihe des Gesangvereins statt, bei der die Aufgabe der Festkapelle übernommen werden konnte.

In der Pfarrbeschreibung Reusch wird der Bläserchor im Jahre 1939 bei der 400-jährigen Gedenkfeier der „Augsburger Konfession“ zum ersten Mal erwähnt: „Man zog vom Pfarrhaus aus in die mit Birkenbäumchen schön geschmückte und von Gemeindegliedern dicht gefüllte Kirche unter Vorantritt des hiesigen Bläserchores, der auf dem Weg zur Kirche den Choral „Lobe den Herren…“ spielte.“ Dieser Eintrag stammt vom damaligen Pfarrer und Senior Eugen Schneider.

Selbst unter den chaotischen Zuständen des zweiten Weltkrieges wurde die Vereinsarbeit nicht ganz eingestellt. Neben wenigen Vereinsmitgliedern, die nicht zum Kriegsdienst eingezogen wurden, nahmen auch die Front- und Heimaturlauber jede Gelegenheit wahr, ihre Liebe zur Musik und die Vereinstreue unter Beweis zu stellen. Oft mit nur sechs bis sieben Bläsern wurde in der Heimat bei den Trauerfeiern mit einem Choral und dem Lied vom „Guten Kameraden“ der gefallenen Ortsbürger und Vereinskameraden gedacht. Bis zum Kriegsende verlor der Verein auf den Kriegsschauplätzen fünf seiner Mitglieder:

Hans Koch † 27.10.1941, Hans Stocker † 27.8.1941, Ludwig Brügel † 2.3.1943 Andreas Bauer † 30.03.1945, Georg Busch seit 1943 vermisst

Nach dem Krieg mußte auch im Chor die Aufbauarbeit neu beginnen und weil es fast keine Notenblätter gab, wurden viele Noten einfach abgeschrieben.

Am 11. Oktober 1948 wurde der Chor beim Verband der evangelischen Posaunenchöre in Bayern abgemeldet. Seitdem ist der Bläserchor Mitglied des heutigen Nordbayerischen Musikbundes. Schon im Jahre 1948 konnte der Verein unter dem neuen Vorstand Georg Lindner mit überwiegend jungen Nachwuchskräften bei Veranstaltungen in der Öffentlichkeit auftreten.

Die Ausbildung und musikalische Leitung nach dem Kriege übernahm Gottfried Rückert, der seit der Gründung aktives Mitglied des Bläserchores war.

Dieser hatte nach der Ausbildung am Konservatorium in Würzburg seinen Dienst bis zum Kriegsende bei der Heeresmusik abgeleistet. Damit kam der Verein bis in die heutige Zeit in den Genuss der Erfahrung und der Kenntnisse der Militärmusik. Dies führte letztlich auch dazu, daß der Bläserchor Reusch bis weit über die Landkreisgrenze hinaus bekannt und beliebt wurde.

Nach Jahren großer Anstrengung konnte der Chor im Jahre 1952 sein 25-jähriges Gründungsfest feiern. Am 29. Juni 1952 zogen mit dem Jubelverein weitere fünfzehn Vereine durch die Straßen des Ortes und erfreuten Besucher und Dorfbewohner mit ihren Melodien.

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